Beiträge von Erasmuss

    Voraussetzung ist, wie Stefan schreibt, das Gespräch mit dem Verkäufer, egal ob Privat oder Händler. Da sollte man ein erstes Gefühl bekommen. Allerdings hätte ich bei einem Händler erwartet, dass er nicht nur Kratzer auf dem Kupplungsdeckel schreibt, sondern reparierter Umfaller-Schaden. Dann weiß auch ein nicht so erfahrener potentieller Käufer, dass er diesbezüglich nachfragen nachfragen sollte.

    Nichtdestotrotz bin ich eher nicht an Blindkauf erpicht. Das setzt schon gute Kenntnisse zu dem begehrten Bike voraus (also beispielsweise über ein Forum wie dieses) um sich nicht ein Ei ins Nest zu legen.

    die Shiver verkauft... Die Neue (Moto Guzzi Mandello S) hatte ich ja schon formell im Forum vorgestellt und am Wochenende dann in Rohr präsentiert (captain Future, gell Marcel ;o)).

    Aber, wie so einige inzwischen Fremdfabrikatsfahrer, ich werde dem Forum und Euch weiterhin treu bleiben und auch weiter auf Treffen kommen, wie zum Beispiel in zweieinhalb Wochen nach Bitburg

    Wie der/die Eine oder Andere anhand meines Avatars bzw. des einen oder anderen Kommentars gemerkt hat, habe ich mich nach fast 5 schönen Jahren entschlossen noch mal etwas Neues zu wagen.

    Nach der rothaarigen Schönheit (la bella rossa) habe ich mich nun einer etwas dralleren Dame in elfengleichen Smaragdgrün und Silber zugewandt, aber es ist immer noch, wie ich heute auf meiner Referenz Taunus Tour er"fahren" habe, eine feurige Italienerin aus gutem Haus, aus Mandello => die MG V100 Mandello S.

    Mit der Idee bin ich ja schon ein paar Monate schwanger gegangen, ein erste Probefahrt im nasskalten April zuerst mit der neuen Stelvio, auf die ich seit der Vorstellung der Mandello gewartet hatte, und am zweiten Tag mit der V100 S liessen das Pendel in Richtung Mandello schwingen. Verstärkt wurde das durch eine Probefahrt mit einer Tiger 1200, die zwar was Technik und Handling betraf mich durchaus überzeugen hätte können, aber leider nicht den Charakter früherer 1200 Dreizylinder Motoren wie in der Speed Triple hatte.

    Vor ein paar Tagen flatterte dann das Guzzi Angebot mit Nachlass von € 1.500 auf die aktuellen Modelle (Abverkauf vor Einführung Euro 5.5) rein und mein Händler bot weiteren Nachlass auf Modelle aus seinem Bestand. Mit diesem Lockangebot konnte ich auch meine Finanzministerin überzeugen.

    Gestern dann Abholung und kurzer Abstecher zu Tante Lou nach Mainz. Schon da war ich versucht direkt in den Taunus weiter zu fahren. Wegen Strafandrohung bei Abendessenversäumung wurde es nur eine kleine Runde durchs Hessische Ried.

    Heute, nachdem mein Chef mich zur Mittagszeit meinte ärgern zu müssen, dann 14.00 Start in den Taunus bei 32° zur Referenzrunde gegen das Shiver Popometer.

    Zur Ausstattung der Neuen: Das wohl Wichtigste und ein Hauptkaufgrund - Das Öhlins Fahrwerk, als Zubehör dann Koffer, Top Case, Hauptständer (die Guzzi hat ja Einarmschwinge, da passt mein Hinterradheber nicht mehr), Motorschutzbügel und Nebelleuchten.

    Große Frage: Ist der stolze Kaufpreis das alles wert und ist die Guzzi so viel besser als die Shiver?

    Ich glaube, ich habe in den letzten Monaten so ziemlich jeden Beitrag gelesen bzw auf der Video Plattform geschaut, um mir diese Frage zu beantworten. Kann man alles vergessen, man muss es er"fahren". Der Fairness halber, die beiden zu vergleichen, heißt Äpfel mit Birnen vergleichen.

    Hier die Shiver, die mit ihrem Kaufpreis von knapp € 9.000 ein meiner Meinung nach unschlagbares Preis-Leistungsverhältnis, gepaart mit einem 2 Zylinder Italo Flair bietet. Ich habe die fast 5 Jahre mit und auf ihr genossen, ebenso meine Sozia. Leider mit einigen, preisbedingten, Einschränkungen, wie kein LED, wenig gute Zuladungsmöglichkeit und (da werden mir Jürgen und bestimmt einige andere widersprechen) eingeschrängte Mehrtagestourentauglichkeit. Aber Fahrspass in allen Kurvenlagen, das Fahrwerk bei schlechterem Straßenbelag aber widerspenstig/hoppelig.

    Was bietet die Guzzi?

    Das fängt schon mal mit dem Display an, Puristen werden aus Mäusekino nennen. Aber Anzeige der aktuellen Reichweite und ähnliche Feature sind schon ganz nett. Und es gibt nette Extras wie automatische Umschaltung Tagfahrlicht auf Fahrlicht, Notbremsblinken...

    Zum Fahren. Der Motor ist für mich eine Wucht. Obwohl nur 20 PS mehr als die Shiver, der Guzzi Motor wirkt nie aufgeregt, auch im Sport Modus nicht, aber Durchzug vom Drehzahlkeller wie es für einen V2 gehört. Auch das Getriebe schaltet m.M. nach hervorragend, auch mit Quickshifter und Blipper. Egal was in den Berichten erzählt wird, ich finde nach einer kurzen Eingewöhnphase nix auszusetzen, habe aber auch keinen Vergleich.

    Für mich fühlt sich die Guzzi etwas steifer als die Shiver an, kann an den Reifen liegen (Michelin Road 6 GT bei Auslieferung). Für Kurven möchte sie schon einen deutlichen Lenkimpuls, also mehr als die Shiver. Aber da hatte ich mich schnell eingewöhnt. Das Mehrgewicht von 20kg zur Shiver merkt man jedenfalls kaum, eher scheint sie durch den tieferen Schwerpunkt mindestens ebenso handlich zu sein. Lastwechsel vom Kardan habe ich weder mit Kupplung (alte Angewohnheiten lassen sich nicht so einfach ablegen) noch Quickshifter gemerkt.

    Da ich ja meine Referenzrund gefahren bin, konnte ich mich ganz auf das Fahrwerk konzentrieren. Und das ist wirklich der Hammer!!! Wo das Fahrwerk der Shiver immer etwas nervös/hippelig/hoppelig wirkte (schlechter Belag, Querrillen...) da bügelt die Guzzi einfach drüber. Nicht so smooth vielleicht wie die Tiger 1200, immer mit Feedback von der Straße, aber ohne Stöße in die Lendenwirbel. Ein bisschen wie Shiver auf Watte. Echt unglaublich. Dazu super präzises Kurvenfahren. Wer das Goldbachtal mit seiner Hoppelstrecke kennt, mit der Shiver waren da max. 70, in Kurven 50 und weniger möglich. Mit der Mandello locker 90 und mehr.

    Insgesamt ist das Fahrwerk Führerschein gefährdend!!! Und macht extrem süchtig.

    Natürlich habe ich das Windshield getestet. Ich bin ja kein Riese. Bei der Shiver war das aprilia Windshield quasi ein besserer Armaturen Schutz um keine Leichen am Dashboard entsorgen zu müssen. Oberhalb 100 km/h wenig bis keine wirkliche Funktion. Das Windshield der Mandello in der unteren Position ist quasi von ähnlicher Wirkung, aber in der oberen Position für mich perfekt. Auch bei über 150 km/h auf der Autobahn kein Winddruck am Helm, nur etwas lautere Windgeräusche, aber mich nicht störend. Die 7cm höhere Tourenscheibe werde ich mir sparen können.

    Fazit: Nach einer 270 km Tour kann ich natürlich keine endgültige Aussage machen, außer, es war kein Fehlkauf. Und ich freue mich schon auf die nächsten Touren und Rohr und Bitburg, dann auch mit Sozia.

    Die Shiver hat ihren Platz in meinem Herzen und die Guzzi ist auf dem besten Weg da hinein:dup

    PS: 2 wichtige Dinge habe ich sogar noch vergessen.

    1. Der Autopilot (vulgo Tempomat). Bei längeren Anfahrten zu den natürlichen Habitaten der Shiver oder manchmal unumgänglichen Autobahnetappen habe ich ihn schmerzlich vermisst und jetzt weiß ich warum. Einfach mit entspannter Gashand über die Autobahn fliegen, wirklich geil. Habe aber ein wenig gebraucht, um ihn in den Griff zu bekommen und dabei öfter den Gegenverkehr mit Fernlicht genervt (man muss den Schalter ein paar Sekunden nach links drücken und ich kam dabei leider wiederholt an den Fernlichtschalter). In der mitgegebenen Betriebsanleitung war auch keine gute Beschreibung zu finden.

    2. Nie mehr heiße Weichteile. Die Fahrt fand wie geschrieben bei 32° statt. Und führte zur Anfahrt über den 2. Ring in Wiesbaden und wg. Sperrung dann nach durch halb Wiesbaden durch. Bei diesen Temperaturen geht bei der Shiver schon am ersten Ampelhalt oft der Lüfter an und fönt mit heißer Wolke. In den kühleren Jahreszeiten vielleicht noch ganz angenehm, im Sommer einfach nur schweißtreibend. Natürlich wird auch die Guzzi warm. Aber mehr als ein laues Lüftchen um die Schienbeine ist da nicht.

    Noch ein Wort zum Verbrauch. Auch wenn der Rechner der Shiver den Dreisatz nicht beherrscht hat, mein Durchschnittsverbrauch lag auch bei sportlicher Fahrweise mit Sozia bei etwa 4,8 - 5l. Die Guzzi soll lt. Daten etwa 4,5l verbrauchen. Also trotz Mehrhubraum, Mehrleistung und Mehrmoment 10% weniger als die Shiver. Und für den Tour Modus kann das sogar hinkommen. Laut Restweitenanzeige sind bei vollem Tank (17l) dann etwa 350km drin. Road und Rain bin ich gar nicht gefahren, wobei Road lt. Handbuch der Modus für die Stadtfahrt sein soll (Warum heißt der dann nicht City:denk). Aber im Sportmodus fängt die Dame an zu saufen. Mein lieber Scholli. Da geht die Restweitenanzeige runter wie bei einem Elektromotorrad beim Gasgeben. Ich würde knapp zwischen 6-7l auf 100km schätzen. Dafür geht sie aber auch flott ans Werk.

    Das leidige Thema ist die Betriebsanleitung. Wenn ich schon so ein Heft im A6 Format sehe, bekomme ich Weinkrämpfe. War ja bei der Shiver auch nicht größer. Aber wenigstens mit einer noch lesbaren Schriftgröße und einer Anleitung in einer Sprache. Die Guzzi Anleitung hat eine für mich nur mit Lupe lesbarer Schriftgröße, dazu jeweils 2 Sprachen auf einer Seite. (Wie man Deutsch und Holländisch auf eine Seite packen kann.... ignorante Italiener!) Während dann in der Shiver Anleitung alle wichtigen Informationen zur Verfügung stehen, sind diese im Guzzi Handbuch quasi nicht vorhanden. Was insbesondere bezüglich der S und der damit verbundenen Einstellmöglichkeiten echt nervig ist. Zum großen Glück gibt es einen Downloadlink als QR Code auf dem Cover der Anleitung und siehe da, als PDF mit großem Bildschirm ist das Handbuch megagut zu lesen (hatte ich aber auch bei der Shiver schon so gemacht). Und noch erstaunlicher, im PDF sind alle relevanten Informationen enthalten, die im analogen Format nicht auffindbar waren. (Im Handbuch natürlich kein Verweis auf den QR Code, den Tip bekam ich vom Händler auf Nachfrage). Spannende Frage wird für mich, ob und wie ich versuchen werde das Guzzi MIA zum Laufen zu bekommen. Ich kann schließlich schlecht die Guzzi in meinem Arbeitszimmer (1. Stock) parken. Dazu sind die Rezessionen für das Guzzi MIA ähnlich motivierend wie für das MIA der Shiver. Wenigstens gibt es, im Gegensatz zur Shiver, eine etwas mehr als rudimentäre Anleitung im digitalen Handbuch. Im Endeffekt kann das MIA ja nichts mehr als mein C4, außer das eingeschränkte Navigieren. Und dazu sind die Kritiken im PlayStore auch nicht Installations motivierend.

    War auch im Taunus und habe meine Mesh Klamotten dort mal Probegefahren, funktionieren auch hier und nicht nur in den Vogesen. Und es hatte den Vorteil, dass dort nur 25-27° statt 32° wie vor der Haustür waren. Zum Bildermachen hatte ich leider keine Zeit, musste die Komfort Sitzbank auf Jürgen Streckentauglichkeit testen (nur Anhalten zum Tanken!!!)

    Da ich gerade ein Fahrzeug zugelassen habe, Kosten für Wunschkennzeichen €10,20. Dafür hat die nette Dame auf der Zulassungsstelle mir ein Kennzeichen mit 1 Buchstaben und 2 Zahlen rausgesucht. Diese werden nach ihrer Aussage bei der Online Termin Vergabe extra nicht angezeigt, damit die "kurzen Kennzeichen" nicht wegreserviert werden können.

    Wenn ich auf einer schönen Strecke von A nach B will, nehme ich nach wie vor Copilot im Motorradmodus. "Kleiner" Nachteil, die Streckenplanung geht nur auf dem Smartphone selbst. Und Rundkurse a la Calimoto mit vorgegebener Streckenlänge gehen natürlich auch nicht.